Editorial GÖ JETZT! – Ausgabe 2/24

von E.Bartsch
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Liebe Leserinnen und Leser!

Seit Bestehen der zweiten Republik rühmt sich dieses Land seiner gelungenen Transformation zu einem demokratischen Rechtsstaat, dessen Grundlage die Bundesverfassung ist.

Schulkinder hierzulande wachsen in dem Wissen auf, dass sich letztere auf vier maßgebliche Säulen stützt: das demokratische, das republikanische, das bundesstaatliche und das rechtsstaatliche Prinzip. Diese legen u. a. fest, dass

  • das Recht vom Volk auszugehen hat
  • das Staatsoberhaupt vom Volk gewählt wird
  • Grundlage staatlicher Machtbefugnis das (vom Volk ausgehende) Recht ist
  • usw. usf.

Die Festlegung einer rechtsstaatlichen Verfassung ist eine zivilisatorische Errungenschaft, die schmerzhaft erkämpft werden musste. Umso bedauerlicher ist der Verdruss, den zunehmend mehr Menschen zum Ausdruck bringen, wenn es um den Umgang der zeitgenössischen Politik mit den Grund­pfeilern der Demokratie geht. Immer öfter werden Zweifel an der Einhaltung z. B. der Gewaltenteilung oder einer Rechtssprechung im Sinne der Verfassung laut. Bereits 2006 wies ich den damals amtierenden Bundespräsidenten Heinz Fischer schriftlich darauf hin, dass der Fortbestand einer korrumpierten Parteienlandschaft früher oder später das Ende der Demokratie besiegeln werde, ­ scheint doch die etablierte Parteiendemokratie alles andere anzustreben, als den „Willen des Volkes“ umzusetzen. Vielmehr verunmöglicht sie es dem angeblichen Souverän regelrecht, seine Bedürfnisse adäquat zu äußern: Wo werden denn essenzielle, parteiübergreifende Interessen der Bevölkerung berücksichtigt – während sich die (in Fraktionen aufgesplitterten und mittlerweile dem Clubzwang unterworfenen) Volksvertreter/innen ein belangloses Hickhack rund um des Kaisers Bart liefern?

Ist es wirklich so, dass der hartnäckige Unwille zu einer sinnvollen Kooperation von der Bevölkerung ausgeht? ­ Oder sind es am Ende die Parteien selbst, die permanent die Unvereinbarkeit verschiedener Interessen suggerieren? Wie die Bienen sollen die Bürger/innen „ihrer“ Farbe zufliegen – und dabei möglichst keinen freundschaftlichen Blick in eine andere Richtung riskieren. Nur ja nicht „denen vom anderen Lager“ zuhören, geschweige denn einander unterstützen! – Schließlich muss man konkurrenzbewusst bleiben: Gespalten und in kleine, sich gegenseitig schwächende, statt einander bereichernde und ergänzende Fraktionen unterteilt, ist es schließlich für die „Spielmacher“ viel leichter, das „Fußvolk“ immer weiter von einem tatsächlich selbst gewählten Weg abzubringen.

Ist „Demokratie“ das passende Wort für solche Verhältnisse? Ist unsere Demokratie (im ursprünglichen Sinn) noch zu retten? Das sind Fragen, die uns von der Akademie BGE beschäftigen, zumal die freie Wahl (sowohl auf individueller als auch kollektiver Ebene) ein wesentlicher Pfeiler der Grundeinkom­mensgesellschaft ist. Mehr noch: Demokratie – echte Demokratie, die sich ohne feige Hintertürchen den Menschenrechten verpflichtet – ist aus unserer Sicht Grundeinkommen in Reinform! Nur dort, wo Barbarei und Faschismus von vornherein keinen Nährboden haben, kann es anhaltend Frieden und Wohlstand geben. Die sozialpolitischen Missstände der Gegenwart beweisen mit Sicherheit nicht, dass echte Demokratie nicht umsetzbar wäre. Sehr wohl aber, dass die bisherige Gangart dem Anspruch, das Volk als Souverän zu behandeln, nicht gerecht werden konnte (oder: wollte?). Sollten wir daher nicht endlich über Modelle nachdenken, die das Potenzial haben, dem demokratischen Prinzip ernsthaft Rechnung zu tragen?

Mit demokratie-bewussten Grüßen,
Karl Dittrich

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