Bildung braucht Bewusstsein

von E.Bartsch
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Trotz des Anscheins einer Demokratie le­ben wir in einem System, das in allen we­sentlichen Fragen des Lebens auf Fremdbestimmtheit und Bevormundung setzt.

Nach wie vor setzt sich eine „Regierung“ (=eine Herrscherschaft) von oben herab durch, sehr wohl auch gegen das Einverständnis und die Rechte der mehrheitlichen Bevölkerung oder un­ter Anwendung von Praktiken, durch die sich dieses Einverständnis mittels Propaganda, Zen­sur und einseitiger Berichterstattung erschlichen wird. Der durchschnittliche Bürger von heute verhält und bewegt sich sagenhaft eindimensio­nal, als Produkt einer Monokultur, während er sich lediglich einredet, in irgendeiner Weise sei­ne Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen.

Strategisch verbreitete Standardmeinungen wiederkäuend, betrachtet er sich als einen moder­nen und aufgeklärten Menschen. Als großes Genie und Kämpfer für die gute Sache beglück­wünscht sich der Erfolgstyp von heute, wenn er Lob und Beifall für das eine Kunststück erhält, das ihm beigebracht wurde: mit der Meute zu heulen.

Sie haben keine Ahnung, wovon hier die Rede ist? Dann können Sie sich die weitere Lektüre dieses Artikels sparen, es folgen keine Überzeugungsversuche und Beweisführungen. Wer hin­gegen am eigenen Leben erfahren hat, welche Konsequenzen es nach sich zieht, den Pfad der anerzogenen Prämissen zu verlassen, stellt sich womöglich Fragen wie: „Welche Art von Bildung, Erziehung und Informationsfluss bringt diesen Monomenschen hervor, der sich nur noch in den Konsumrausch oder ins Delirium flüchten kann, um zu verdrängen, dass er

  • künstlich in Abhängigkeiten gehalten wird,
  • sukzessive seines Lebensraums und seiner Freiheit beraubt wird,
  • systemisch zum Mittäter an oder Profiteur von Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemacht und zugleich in eine Betriebsblindheit hinein verführt wird, um sich dessen unbewusst zu blei­ben,
  • seine Beziehungsfähigkeit eingebüßt hat, ob­wohl er insgeheim die herzliche Nähe zu seinen  Artgenossen schmerzlich vermisst … –

und trotzdem eher auf die Barrikaden steigt, um zu verhindern, dass ihm das jemand ins Gesicht sagt, als um diese Missstände zu ändern?!“

Sich dieser Frage ernsthaft zu stellen, wäre für den Großteil aller Betroffenen (wer sich dessen nicht bewusst ist, ist schließlich denselben Rah­menbedingungen ausgesetzt) ein Schock. Nichtsdestoweniger ist es gerade diese funda­mental erschütternde Frage, die, wenn endlich die Bereitschaft vorhanden ist, sich ihr zu stellen, die Kraft für den nötigen Wandel freisetzen kann.

Wie Grundsatzfragen dieser Art mit dem Thema „Bildung“ zusammenhängen, illustriert ein so be­wegender wie aufwühlender Beitrag, den seiner­zeit Erwin Ringel (1921­-1994) aus Haim Ginotts (1922­-1973) „Takt und Taktik im Klassenzimmer“ entnommen und in seiner „österreichischen Seele“ zitiert hat:

Am ersten Tag des neuen Schuljahres erhielten alle Lehrer einer Privatschule von ihrem Schul­leiter folgenden Brief:

 

Liebe Lehrer! Ich habe ein Konzentrationslager überlebt. Meine Augen haben Dinge gesehen, die kein menschliches Auge je erblicken sollte: Gas­kammern, erbaut von gebildeten Ingenieuren; Kin­der, vergiftet von wissenschaftlich ausgebildeten Ärzten; Säuglinge, getötet von erfahrenen Kran­kenschwestern; Frauen und Kinder, erschossen und verbrannt von ehemaligen Oberschülern und Akademikern. Deswegen traue ich der Bildung nicht mehr. Mein Anliegen ist: Helfen Sie Ihren Schülern menschlich zu werden. Ihr Unterricht und Ihr Einsatz sollen keine gelehrten Ungeheuer her­vorbringen, keine befähigten Psychopathen, keine gebildeten Eichmanns. Lesen, Schreiben und Arith­metik sind nur wichtig, wenn sie dazu beitragen, unsere Kinder menschlich zu machen.

Dieser Lehrerbrief zielt unmissverständlich auf die Bedeutung der Bewusstheit, mit der Bildung betrieben wird. Und die ist unbedingt nötig, zu­mal schon das Wort „Bildung“ den Aspekt des Formens und Hervorbringens transportiert.

Wie der mahnende Beitrag zeigt, fördert syste­matisierte Bildung nicht zwangsläufig Bewusst­heit zutage. Sie kann mitunter zu geistlosem Drill verkommen und missbräuchlich benutzt werden. Die dunklen Kapitel unserer Vergangenheit ha­ben definitiv gezeigt, dass auch Menschen, die sich für gebildet, modern und gut organisiert hal­ten, desaströs fehlgeleitet agieren können, ­ auch als Kollektiv. Es ist daher begrüßenswert, dass in den Jahrzehnten nach der großen Kata­strophe aufs Schärfste verurteilt wurde, was damals geschehen ist. Aber:

Was ­ außer nachträgliche Verurteilungen, die den Ag­gressoren von damals längst nichts mehr anhaben können, ­ wird denn unternommen, um eine Massenmanipulation dieser Größenord­nung jetzt und künftig zu unterbinden?

Wie kann so etwas jemals verhindert werden, solan­ge das, was wir „Bildung“ nennen, immer noch unter ständiger Bevormundung und in Form von Massenabfertigung stattfindet? Was tun, wenn Kriegspropaganda wieder an der Tagesordnung ist ­ und die dabei am lautesten mit den Säbeln rasseln, als Vertreterschaften des Friedens ver­herrlicht werden?

Es gibt sicher unterschiedliche Wege, um den destruktiven Verwendungsarten von Bildung ent­gegenzuwirken. Ein einfacher und sinnvoller be­stünde in der Einführung eines bedingungsfreien Grundeinkommens. Ein solches würde den freien Zugang zu Bildung vielfach begünstigen und nebenher die Zwangskultur beenden. Wie bei allen Konzepten für eine gerechtere soziale Ordnung ist aber auch das BGE nicht vor Miss­brauch gefeit.

Nach dem weltbekannten Aus­spruch „Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient!“, muss sich darum eine Bevölkerung, die sich diese Form von Freiheit wünscht, un­bedingt auch der kollektiven Verantwortung bewusst sein, die das erfordert.

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