In Diskussionen mit Vertreter:innen von ÖGB und Arbeiterkammer, denen der Sozialstaat sicherlich am Herzen liegt, hören wir immer wieder das Argument, dass das notwendige Geld für ein Grundeinkommen besser in den Ausbau des Sozialstaates investiert wäre. Warum das nicht so ist und wo herkömmliche Arbeiter:innen-Politik versagt, beleuchte ich in diesem Artikel.
Erstens: Klassisch konventionelle Arbeitnehmer:innen-Politik erfasst große Teile der Bevölkerung, wie die in die Scheinselbständigkeit Gedrängten, Bauern und Bäuerinnen, Kunst und Kulturschaffende und prekär Beschäftigte in universitärer Forschung und Lehre, nicht mehr. Alle diese profitieren weder von Arbeitszeitverkürzungen noch von höheren Löhnen, würden aber bei einem BGE mitgenommen werden.
Zweitens: Klassisch konventionelle Arbeitnehmer:innen-Politik löst die Neidsituation nicht auf. Die einen zahlen ins Sozialsystem ein, die anderen leben, mehr schlecht als recht, von den Leistungen. Daher wird immer ein Druck auf Sozialleistungen bestehen. Beim BGE ist das anders. Zwar wird es da auch Netto-Einzahler:innen und NettoEmpfänger:innen geben, aber grundsätzlich bekommt es jede und jeder und jede und jeder zahlt dafür ein – wer kein weiteres Einkommen hat, zumindest über die Konsumsteuern.
Drittens: Das oftmals als entwürdigend und erniedrigend empfundene Beantragen und Beziehen von Sozialleistungen führt in nicht unerheblichem Maß dazu, dass auf zustehende Sozialleistungen verzichtet wird. Lösungen für dieses Problem sehe ich in der klassisch-konventionellen Arbeiter:innen-Politik keine. Mit einem BGE würde hingegen die Entwicklung vom „Sozialstaat der Bittsteller zum Sozialstaat der Menschenwürde“ vollzogen.
Viertens: Ein weiterer Aspekt des derzeitigen Sozialsystems ist, dass in ihm Menschen von der Erwerbstätigkeit abgehalten werden, weil Sozialleistungen dann gleich komplett wegfallen und sich damit „das Arbeiten gehen gar nicht auszahlt“ – eine Ein- bzw. Ausschleifregelung für Sozialleistungen war meiner Erinnerung nach noch nie ein Thema der Arbeitnehmer:innen-Politik.
Fünftens: Ein Ausbau des Sozialstaates mit klassisch-konventionellen Maßnahmen findet seit 40 Jahren de facto nicht mehr statt. Der Sozialstaat wird seit Mitte der 1980er-Jahre ausgehöhlt, die Arbeitnehmer:innen-Politik befindet sich in einem defensiven Rückzugskampf. Und das Entscheidende ist, dass die Menschen den Glauben daran verloren haben.
Der Organisierungsgrad der Gewerkschaften geht zurück. Daher ist das Volksbegehren zur Erhöhung des Arbeitslosengeldes mit nur 86.217 Unterschriften gescheitert, während das gleichzeitig stattfindende Volksbegehren für ein BGE mit fast doppelt so vielen Unterstützungen zumindest im Nationalrat behandelt werden musste.
Es braucht also eine neue Idee. Eine Idee, die das Potenzial hat, die Menschen wieder zu begeistern, die Idee des bedingungsfreien Grundeinkommens.
Martin Diendorfer
Grundeinkommen verringert die Existenzangst!
ABGE-Stammtische
Viele Aktivitäten sind schon unseren Stammtischen entsprungen. Zudem gab es intensive und anregende Diskussionen darüber, wie die Zukunft für unsere Kinder, Arbeiter und Pensionisten aussehen sollte, welch soziale Sicherheit wir schaffen, wie wir unsere gesamte Gesellschaft gestalten und unsere Umwelt wieder von der industriellen Zerstörung befreien können. Wir sind der Meinung, dass es so nicht weiter gehen kann.
Industrie 4.0 ist ebenfalls ein heißes Thema bei unseren Treffen, denn nahezu täglich hört man, dass Arbeitsplätze auf Kosten der KI und Robotik auf der Strecke bleiben. Aber wie überleben ohne ein Einkommen?
BGE ist mehr als Geld!
Dieser Slogan beschreibt, dass Bildung, die Menschenrechte, der Frieden, die Gesundheit und vieles andere ein Grundeinkommen darstellen, welches viel wichtiger ist als Geld. Es braucht Bewusstsein, damit sich etwas ändern kann.
Wir hoffen, dass Du dabei bist, damit wir über unseren zukünftigen Weg reden können.